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Mit der Kamera am Berg

Von Alexander Glück

 

Seit die Menschen auf Berge steigen, versuchen sie Erinnerungen an ihre Erlebnisse festzuhalten. Das kann durch das Führen eines Tourenbuches geschehen, durch Zeichnen und auch durch das Photographieren. In den Anfangszeiten war die Photographie eine behäbige Lichtbildkunst, und ihre Langsamkeit wurde am sinnfälligsten in den langen Belichtungszeiten frostiger Gruppenbilder. So ist es kein Wunder, daß die Bergphotographie erst mit dem Aufkommen der handlicheren Plattenkameras um die Jahrhundertwende einherging. Im Vergleich zu heutigen Geräten mag es umständlich erscheinen, vor dem Auslösen erst einen kleinen Spannhebel bedienen zu müssen; und mit dem Einstellen eines Apparates ohne Motor und Autofocus gibt sich heute kaum mehr jemand ab.

Ein Buch aus dem Jahr 1934, betitelt „Fotografieren und Filmen im Hochgebirge“ und vor einigen Wochen auf einer Sammlerbörse gekauft, gibt Aufschluß über die Ernsthaftigkeit, mit der man sich damals die Errungenschaften der Technik zunutze machte, um den Berg abzulichten. Nicht nur Fragen der Ausrüstung und ihres Gewichtes werden darin behandelt, sondern auch Aspekte der Motivgestaltung. Daran wird zweierlei deutlich: Keineswegs waren die Pioniere so vorgestrig, wie sie aus heutiger Sicht aussehen. Sie arbeiteten mit modernster Technik, setzten sie geistreich um und brachten Ergebnisse mit nach Hause, die sich auch heute noch sehen lassen können. Und sie waren, wenn sie ihr Hobby ambitioniert betrieben, von einem Anspruch beseelt, der heute kaum noch spürbar ist. Vielleicht lag das daran, daß man seine Kamera damals eben etwas aufwendiger zurechtmachen mußte.

Es war die Zeit der großen Namen: Voigtländer, Plaubel, Leica, Contax, Robot… Die überwiegende Mehrheit deutscher Kameras hat den Ansturm japanischer Billigapparate in den sechziger Jahren nicht überstanden, und was sich davon halten konnte, hat seinen Preis. In der Zeit, zu der es noch die Plattenkameras und schon die Kleinbildkameras gab, gab das oben erwähnte Buch klugen Rat und stellte verschiedene Modelle für jeden Zweck vor. Bis heute hat sich nicht verändert, was von einer guten Kamera auf Bergtouren erwartet wird: Sie muß leicht und handlich sein, eine gute Optik haben und nach Möglichkeit mehrere Aufnahmen machen können. Wer für drei Plattenaufnahmen seine wuchtige Laufbodenkamera mit auf die Wanderung nahm, freute sich schon, wenn er eines Tages mit Hilfe eines Rollfilmadampters gleich acht Aufnahmen hintereinander machen konnte. Der Kompaktheit und Robustheit der Kameras trugen neue Modelle wie etwa die Voigtländer „Bergheil“ oder die „Rolleiflex“ Rechnung.

Es lohnt sich in unserer Zeit schon, eines dieser alten Geräte auf eine Bergtour mitzunehmen und sich damit eine Bilderserie zu schaffen, die weniger durch ihren Umfang beeindruckt, als vielmehr durch die bewußte Aufnahme der von der Landschaft dargebotenen Bilder. Man braucht etwas Zeit, die Kamera auszupacken, einzustellen und die Aufnahme zu machen. Es muß nicht unbedingt das älteste Modell sein: Wer sich für eine Kamera entscheidet, die vielleicht aus den fünfziger Jahren stammt, kann seine Bilder mit einem Veteranen machen, der aber schon so neu ist, daß er über ein hohes Maß an Komfort verfügt. Das betrifft etwa die eingebauten Belichtungs- und Schnittbildenfernungsmesser. Wer eine Kamera neu kauft, dabei aber einen wirklichen Klassiker erstehen will, greife zu den Geräten der Marke Contax, Rollei, Leica oder Robot. Neben besonders guten Objektiven bieten diese Apparate absolute Zuverlässigkeit. Als regelrechte Bergsteigerkamera machte die Rollei 35 Furore, weil sie robust und nicht besonders schwer ist.

Ob alt oder neu, man kann mit wenig Aufwand in der Bergphotographie ganz erstaunliche Effekte erzielen. Das betrifft zunächst die Filterung bei Schwarzweißfilm. Wer besondere Bilder aufnehmen möchte, kann die Filterwirkung übertreiben: mit einem Orange- oder Rotfilter erscheint zwar der Himmel schwarz, aber Wolken treten leuchtend hervor und die Fernsicht ist überwältigend. Noch stärker wird der Effekt bei Verwendung eines Infrarotfilmes zusammen mit dem entsprechenden Filter. Diese Bilder zeichnen sich durch eine mystische Stimmung aus, die Verschiebung der Grauwerte lassen den Betrachter die nie gesehene Welt des langwelligen Lichtes erschauen. Es gibt auch Farb-Infrarotfilm, der auf andere Art fasziniert, denn er gibt völlig unerwartete Farben wieder. Allerdings bereitet er einige Probleme, wenn er entwickelt werden soll, und er ist auch nicht ganz billig. Mit dem Schwarzweißfilm kommt man leichter zu seinen Bildern. Noch einfacher geht es, wenn man einen Film mit erweiterter Rotempfindlichkeit wählt, etwa den Ilford SFX. Man kann sich dann die umständliche Handhabung des sehr empfindlichen Infrarotmaterials ersparen.

Völlig neuartig sind Filme, die wie Farbfilme zu entwickeln sind, jedoch Schwarzweißbilder liefern. Das ist nicht nur kostengünstig, sondern bringt auch einen sehr attraktiven Braunton auf den Abzügen, wie er auch auf den frühen Photographien zu sehen ist. Das gibt bestimmten Materialien, beispielsweise alten, knorrigen Baumstämmen, auf dem Bild viel mehr Natürlichkeit. Doch auch eine Felswand, ein Wasserfall oder eine weiträumige Landschaft werden von diesen Filmen überzeugend wiedergegeben, zumal sich der Sepiaton nicht aufdrängt. Diese chromogenen „Schwarzweißfilme“, die eigentlich monochrome Farbfilme sind, werden nicht nur von Ilford, sondern inzwischen auch von Kodak angeboten.

In der Schwarzweiß- und der Farbphotographie kann man es sich zunutze machen, daß zwei einzelne Photos ein dreidimensionales Bild liefern. Ein solches — räumliches — Bild läßt sich leicht aufnehmen, wenn man seine Kamera auf einen Einstellschlitten montiert. Diese Schlitten liefert in sehr guter Qualität die Firma Novoflex; weil sie auch für andere Bereiche der Photographie unentbehrlich sind, lohnt sich die Anschaffung gleich in mehrfacher Hinsicht. Durch den Schlitten ist es möglich, die Kamera seitlich zu verschieben, sodaß man zwei Aufnahmen im Augenabstand machen kann. Es gibt preiswerte Betrachter für diese Doppelbilder, seien sie auf Negativ- oder auf Diafilm aufgenommen. Die Wirkung der Stereobilder ist immer gewaltig, aber bei Aufnahmen auf Diafilm brillanter und leuchtender.

In den Jahrzehnten, die der Photographie unzählige Neuerungen und Errungenschaften gebracht haben, setzte sich auch die anspruchslose Knipserei immer mehr durch. Die Mehrheit der Menschen macht sich keine besondere Mühe bei der Anfertigung einmaliger Erinnerungsstücke — und ahnt nicht, daß die vermeintlichen Mühen in Wirklichkeit sehr viel Freude bringen können, weil man sich seine ganz persönlichen Andenken auf kreative Weise selber schafft. Wenn das Wetter wieder zur Wanderung ins Hochgebirge einlädt, kann man durch seine Kamera erfahren, daß „Photographie am Berg“ eine besondere Errungenschaft ist.

Die Musiksequenz wird mit Erlaubnis der Classical Piano Midi Page verwendet. Das Urheberrecht liegt bei Bernd Krüger.

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