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Bier on the Rocks

Von Alexander Glück

 

Unternehmen, die um ihre Medienpräsenz bemüht sind, veranstalten immer wieder Pressekonferenzen und Präsentationen. Hier wird eröffnet, da ein neues Produkt vorgestellt, dort eine Fusion bekanntgegeben. Und damit den Pressevertretern die Auswahl der Veranstaltung sowie die Teilnahme erleichtert wird, sorgt man sich jedesmal auch um das leibliche Wohl der Gäste. Dies geschieht auf verschiedene Arten, und es ist immer wieder spannend zu entdecken, zu welcher Gruppe die Veranstaltung gehört. Generell lassen sich nährende Pressekonferenzen (NPKs) in zwei Hauptgruppen unterteilen: Entweder es gibt Häppchen oder es gibt richtiges Essen.

Die Häppchen sind eine Herausforderung für sich. Dazu gehören auch die Tramezzinis, Sandwiches und alle Kleinspeisen, zu denen man wenigstens eine Gabel bekommt. Ist dies nicht der Fall, wird der Verzehr zur schwierigen Aufgabe: Fragile Installationen oranger Kaviarblasen auf winzigen Scheibchen aus weichem Brot, die an Watte-Pads erinnern, subtile Lachsstückchen auf Zahnstocher gefädelt, gewagte Arrangements aus Weintrauben, Käse und Glaszwiebeln — in diesem Bereich schwingt sich die nouvelle cuisine zur Höchstform auf. Im Gegensatz dazu steht der gezwungenermaßen bauernhafte Verzehr der kleinen Kunstwerke: Wer sich nicht bekleckern will, muß sie mit einem Bissen erledigt haben.

Viel angenehmer sind schon die etwas größeren Speisen. Wo ein Catering-Unternehmen werkt, gibt es oft Paniertes, fast immer vom Huhn. Das ist sauber, praktisch und delikat. Oft jedoch weiß man bei kleineren Tellergerichten noch nicht die Grenze zwischen Vorspeisen und Hauptgang zu ziehen. Beispielsweise kam zunächst ein Tellerchen Lachs mit einer komischen Soße und roten Zwiebeln, leicht als Vorspeise zu erkennen. Danach ein geringfügig größerer Teller mit Nudeln und wieder etwas Lachs: Unsicherheit machte sich breit. Jetzt voll mitessen oder strategisch abwarten? Tatsächlich kam anschließend noch ein Ministeak auf Feldsalat mit einer halben Kartoffel, aber die meisten waren schon satt.

Alles ist klar, wenn der Veranstalter ein regelrechtes Essen bietet. Dann kann man sich seinen Appetit wenigstens richtig einteilen und überblickt den Verlauf. Andererseits stellt sich die Frage, ob dieser ganze Aufwand überhaupt nötig ist und wirklich für ein wohlwollendes Presseecho sorgt. Denn wer sich versehentlich die sauce bernaise in die Tastatur seines Notebooks gießt, verliert schnell die Freude an der Präsentation.

Verwunderung entsteht manchmal bezüglich der Getränke. Manche Gastgeber machen die Gäste mit verhängnisvollen Cocktails gewogen. Sehr oft gibt es auch gesunde Säfte, allesamt frischgepreßt, in großen, taubeschlagenen Karaffen. Oft wird einem auch von einer jungen Mitarbeiterin ein Tablett mit Gläsern hingehalten, begleitet von der Frage: "Was darf ich Ihnen anbieten?" — Wenn man nur wüßte, was da eigentlich auf dem Tablett steht. Manchmal sagen sie es auch dazu, beispielsweise bei Prosecco und Prosecco mit Erdbeermark — hier war eine farbliche Unterscheidung möglich. Gut beraten ist, wer selbst entscheidet, was er haben möchte, abgesehen davon, daß dann eigens jemand losläuft und es besorgt. Ein Bier ist schnell bestellt, aber auch hier drohen Überraschungen: Bei der Eröffnungskonferenz eines Schulungszentrums in Wien gab es das Pils mit zwei Eiswürfeln drin. Das vermittelt ein sehr modernes Lebensgefühl. Erfahrungsgemäß ist Kaffee auf Pressekonferenzen in aller Regel gut.

Ob kleine oder große Gerichte: Es zeichnen sich verschiedene Typen ab. Die folgende Unterteilung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Natürlich gibt es auch Mischformen.

1. Die Noblen

Ihnen kommt es darauf an, das Beste aufzufahren — nach dem Motto: Nicht viel, aber edel. Genau das richtige für Inspektor Columbo, der sich das Essen für zuhause einpacken ließe. Die meist sehr kleinformatigen Speisen sind mit gewaltigem Aufwand zusammengefügt, oft stehen obskure Dip-Soßen verschiedenster Couleur bereit; Nachnehmen ist möglich, verrät jedoch den Banausen. Nur bei den Noblen gibt es richtig gutes Mousse au chocolat, man lege sich Gesprächsstoff für mindestens drei Teller zurecht.

2. Die Freundlichen

Hier muß man permanent Stellung nehmen. Mitarbeiter ersuchen unentwegt, davon und dortvon noch zu nehmen, einen weiteren Wein oder den nächsten Kaffee zu trinken. Büffets werden groß angekündigt, die Konferenz gerät zur generösen Fütterung. Ein Vertreter dieser Sorte kündigte bei seiner Veranstaltung den Übergang zum Essen mit "Draußen haben wir noch ein bißchen Happa-Happa" an.

3. Die Praktischen

Für sie steht das Essen im Hintergrund. Daher gibt es Sachen, die man ohne Probleme und Aufsehen essen kann, beispielsweise die im letzten Jahr vielfach zum Durchbruch gelangten Tramezzinis, außerdem belegte Brötchen, bei Frühstückskonferenzen klassische Ausstattung oder Kleinbackwaren. Bei den Praktischen zu Essen, ist nicht weiter schwierig, die Stimmung bleibt entspannt.

4. Die Spektakulären

Was den Noblen mit Qualität nicht gelingt, versuchen die Spektakulären mit Gewalt. Ganze Casinos werden für ein Diner angemietet, mehrere Gänge aufgetischt, möglicherweise auch garnierte Jungfrauen aus dem alten Rom. Diener bringen Wasserschalen zum Händewaschen. Jeder darf Geschirr und Stuhl mit nach Hause nehmen. Einmal sollte man anschließend sogar auf Kosten des Gastgebers im Casino spielen dürfen. Das Essen ist gut, aber beschämend.

5. Die Originellen

Sie sehen sich tagelang nach dem geeigneten Schauplatz um und beraten lange, ob auf den Tellern "Schätze Italiens" oder "buntes Frühlingsbüffet" besser ankommt. An sie erinnert man sich, denn ihre Veranstaltungen finden nie dort statt, wo man sonst immer ißt. Bei Ihnen entsteht auch oft eine angenehme Atmosphäre. Von den Praktischen unterscheiden Sie sich darin, daß sie länger überlegt haben. Bei ihnen gibt es auch keine einfachen Pressemappen, sondern Rucksäcke — "als Marschgepäck". Hier entstehen oft die besten Gespräche.

Alles in allem sind Pressekonferenzen Veranstaltungen, in denen es gilt, in einem relativ kurzen Zeitrahmen eine gute Stimmung zu schaffen und seine Botschaften und Informationen richtig unterzubringen. Dabei wurde die Gastronomie zum wichtigen Instrument. Keinesfalls schreiben die Journalisten immer so, wie das Essen war. Und das Essen sollte auch nicht im Vordergrund stehen, sondern die Veranstaltung dezent und auf angenehme Art begleiten. Weil das nicht immer so ist, bleibt die Sache spannend.

Die Musiksequenz wird mit Erlaubnis der Classical Piano Midi Page verwendet. Das Urheberrecht liegt bei Bernd Krüger.

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